Nachlasspflegeschaften
Nachlasspflegschaften muss man von der Testamentsvollstreckung trennen.
Der Testamentsvollstrecker wird alles tun, um den Willen des Erblassers umzusetzen. Er wird seine Anweisungen befolgen und seine Vorstellungen durchsetzen.
Ein Nachlasspfleger tritt dagegen für die (unbekannten) Erben an, nimmt den Nachlass in Besitz und schützt ihn vor dem Zerfall.
Dies kann manchmal ganz praktisch sein, in dem der Nachlasspfleger vielleicht eine Immobilie sichern muss. Auch, wenn die Erben dann gefunden sind, sollen die Wasserleitungen noch funktionieren, die Mauern nicht nass sein und der Dachziegel soll dem Briefträger auch nicht auf den Kopf gefallen sein.
Manchmal sind es aber auch Wertpapiere odeer sonstige Anlagen, die vor dem Wertverlust geschützt werden müssen, sei es, dass sie verkauft werden müssen, wenn ihr Verfall absehbar ist, sei es, dass die Feuerversicherung für die Immobilie auch für ein leer stehendes Objekt weiter geführt werden muss, für alle Eventualitäten sorgt ein Nachlasspfleger vor. Gern kommt er zum Einsatz, wenn Vermieter um Hilfe rufen, weil ihr Mieter verstorben ist und der Hausstand aufgelöst werden muss, damit die Wohnung dem Vermieter zur Weitervermietung übergeben werden kann.
Nachlasspfleger ermitteln den Wert eines Nachlasses, bewerten die Briefmarkensammlung oder das Meissner Porzellantellerchen vom Kaminsims. Klar ist, das kann er nicht allein, deshalb hat er ein gutes Netzwerk von Dienstleistungsanbietern, die Ahnung von Immobilien, Porzellan, Briefmarken und allem Möglichen haben, was die Vorgenerationen als werthaltig gesammelt haben.
Nachlasspfleger werden in der Regel von den Nachlassgerichten bestellt, wenn Erben nicht ersichtlich sind.
Die Neigung, Nachlasspfleger zu bestellen, hat in einzelnen Bundesländern nachgelassen. Das Erbe wird dann dem Fiskus (Staat) zugeschlagen. Allein Niedersachsen hat 2017 ca. 6. Millionen Euro geerbt, musste man erst jüngstens der Presse entnehmen.
Sobald es sich um werthaltige Nachlässe handelt, wird das nicht für richtig gehalten, denn niemand stirbt ohne Erben. Nach dem gesetzlichen Erbrecht ist das nahezu ausgeschlossen, in der Regel wurde nur nicht lange genug gesucht.
Wie diese Handhabung mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes zusammenpasst, muss glücklicherweise nicht der Nachlasspfleger prüfen, sondern der Verfassungsrechtler. Dort ist die Baustelle allerdings wohl nicht bekannt. Man hört davon jedenfalls nichts.
Die besonderen Kenntnisse eines Nachlasspflegers können aber auch Menschen in Anspruch nehmen, die keine direkten Nachfahren haben, vielleicht aber wissen möchten, wer käme als Erbe aus dem Kreis der Familie in Betracht. Durch die Singularisierung der Haushalte werden wir zunehmend von Menschen in Anspruch genommen, die nach Angehörigen suchen, ohne sie bereits zu kennen.
Diese Tätigkeit macht uns viel Spass, denn es ist auf diese Weise in letzter Zeit gelungen, Menschen familiär zusammen zu führen, insbesondere oft in einer Lage, wo der ferne Anverwandte dann plötzlich ein sozialer Kontakt ist, der Isolation durchbrechen hilft.
Ganz gelegentlich ist Blut doch dicker als Wasser!